Lamas erobern die Herzen der Menschen

Sommerserie Mensch und Tier

21 Lamas hält Albert Meier auf seinem Hof in Höri. Seit er ihnen vor über 15 Jahren zum ersten Mal begegnet ist, kommt er nicht mehr von diesen Tieren los. Gerne teilt er seine Begeisterung mit anderen und hält verschiedene Angebote bereit.

Text: Barbara Gasser
Bilder: Johanna Bossart
Realisation: Michael Caplazi


Die Frage, ob Lamas tatsächlich spucken, beantwortet Albert Meier mit: «Ja, aber selten in Richtung Menschen, ausser sie fühlen sich bedroht.» Seine 21 Tiere, die meisten sind Stuten, dazu ein paar Wallache (kastrierte Hengste) bespucken sich nur gegenseitig, etwa beim Futtertrog. «Es sind friedliche Tiere, die sich gut führen lassen», sagt er. In den vergangenen 15 Jahren, seit er Lamawanderungen, Kindergeburtstagsfeste und spezielle Anlässe für Firmen anbietet, sei es zu keinem einzigen Zwischenfall gekommen.

Zwei Exemplare aus Chile

Auf einer Turnfahrt nach Lungern-Schönbüel ist der Landwirt aus Höri zum ersten Mal mit Lamas in Kontakt gekommen. «Wir mussten diese Tiere für den Transport auf den Berg auf einen Sessellift verladen. Ich war sofort begeistert von diesen wolligen Vierbeinern.»

Nachdem er sich von klassischen Tierhaltung mit Kühen auf seinem Hof verabschiedet hatte, zogen im Frühling 2004 die ersten Lamas ein. Davor besuchte Albert Meier aber einen Kurs im Berner Oberland über die Haltung von Lamas, da er keine Ahnung gehabt habe, wie mit ihnen umzugehen ist. «Sieben kaufte ich in der Schweiz, aus Chile kamen noch zwei Zuchttiere dazu.» Ein grosser Teil der Nachkommen dieser ersten Gruppe sind immer noch in Höri. «Kürzlich ist das erste auf meinem Hof geborene Fohlen mit 14 Jahren gestorben.»

Als Landwirt ist sich Meier zwar gewohnt, dass Tiere sterben. «Wir hatten auch eine Kälbermast. Es war immer klar, was mit diesen Tieren geschieht.» Zu den Kühen habe er aber eine andere Beziehung gehabt als jetzt zu den Lamas. Es sei nie einfach, wenn er ein totes Tier selber zur Kadaversammelstelle in Bülach bringen müsse. Sentimental wird der 72-Jährige deshalb aber nicht. «Ich habe schon fünf Lamas gemetzget und das Fleisch verkauft», sagt er. «Es ist sehr beliebt, weil es sehr zart ist und fast kein Fett hat.» Auch Tiere, die krank oder missgebildet sind, müssen getötet werden.


Lasttiere aus Südamerika

Lamas sind in den südamerikanischen Anden sehr verbreitet, wo sie vor allem als Lasttiere zum Einsatz kommen. Die Lebenserwartung beträgt rund 25 Jahre, mit zwei sind sie geschlechtsreif. Die Stuten tragen elf bis zwölf Monate, bis das Fohlen zur Welt kommt. «Unsere Familie wählt einen Namen für die jungen Lamas, der immer mit dem gleichen Buchstaben beginnt wie der seiner Mutter», erklärt Meier. Die Schulterhöhe eines ausgewachsenen Tieres liegt bei 110 bis 130 Zentimetern, das Gewicht bei 120 bis 150 Kilogramm.

Es gibt weisse, braune und schwarze Lamas, das Fell kann einfarbig oder individuell gemustert sein. «Einmal pro Jahr, jeweils im April, werden sie geschoren. Mir gefallen sie am besten, wenn die Wolle wieder etwa zwei Zentimeter nachgewachsen ist, wie das jetzt der Fall ist», sagt Meier und fährt mit der Hand über den Rücken eines seiner Lamas, die er natürlich alle mit Namen kennt.

Die Lamas von Albert Meier aus Höri sind friedliche Tiere und bestens geeignet für Ausflüge mit Kindern und Erwachsenen.

Die Lamas von Albert Meier aus Höri sind friedliche Tiere und bestens geeignet für Ausflüge mit Kindern und Erwachsenen.

Albert Meier ist immer wieder fasziniert, wie selbstverständlich die Kinder mit den Lamas umgehen. Er hat aber auch beobachtet, wie die lautesten Jungs am zurückhaltendsten sind, wenn es darum geht, das Lama zu führen. «Mädchen gehen diese Aufgabe in der Regel selbstbewusster an.» Und noch etwas ist ihm während all den Jahren aufgefallen, in denen Kinder in Kontakt gekommen sind mit seinen Lamas: «Keines ist gegangen, ohne ein Tier zu streicheln.» Er verrät auch, dass die Kinder immer in das Lama gerade verliebt sind, das sie jeweils zu zweit führen. »Die Augen sind es, von denen sich die Menschen sofort angezogen fühlen», sagt Meier und spricht dabei auch grad für sich selber.

Allein in diesem Jahr haben bereits 15 Schulreisen bei Meiers auf dem Hof haltgemacht. Die Schülerinnen und Schüler führen die Lamas auf den Höriberg. «Der Ausflug dauert jeweils rund zwei Stunden», erklärt Meier. Immer an den gleichen zwei Stellen wird eine Pause eingelegt, damit die Tiere fressen können. «Die wissen das ganz genau. Ihnen das nicht gewähren zu wollen, bringt nichts. Sie machen nämlich keinen Schritt weiter, ohne vorher etwas zu futtern.»

Meier beschränkt sich bei diesen Spaziergängen nicht nur auf den Kontakt zwischen Mensch und Tier. Er erklärt den Mädchen und Buben auch, was auf den Feldern wächst, und lässt sie auch mal von den reifen Ähren pflücken. «Solche Ausflüge in der Umgebung eignen sich bestens, um ein bisschen Naturkunde zu betreiben», ist er überzeugt.

Sehr beliebt sind Kindergeburtstagsfeste mit Zvieri auf dem Hof in Höri, die Albert Meier und seine Frau Greth für bis zu zehn Kinder ab sieben Jahren ausrichten. Höhepunkt ist der Spaziergang zusammen mit den Lamas, die von den jungen Gästen selber an der Leine geführt werden. «Niemand muss Angst haben, es passiert nichts.» Lamas sind friedliche Tiere, die sich gut führen lassen. Zum Reiten sind sie jedoch nicht geeignet, da sie im Passgang gehen wie die Kamele, zu deren Gattung die Lamas gehören.

«Die Augen sind es, von denen sich die Menschen sofort angezogen fühlen.»

Albert Meier

Albert und Greth Meier organisieren Anlässe mit ihren Lamas im Mittelpunkt. 

Albert und Greth Meier organisieren Anlässe mit ihren Lamas im Mittelpunkt. 

© Tamedia