Kater Garfield empfängt seinen Arzt zuhause

Tierarzt Klaus Möhl besucht seine vierbeinigen Patienten im vertrauten Umfeld. Besonders berufstätige und ältere Tierhalter wissen die Hausbesuche zu schätzen.

Text: Daniela Schenker
Bilder: Balz Murer
Realisation: Marco Huwyler


In der Stadler Wohnung ist alles für den Hausbesuch des Tierarztes vorbereitet. Der Esstisch ist mit einem grossen Badetuch zugedeckt, darauf verteilt liegen ein paar Häppchen Katzenfutter. Kater Garfield begrüsst die Eintretenden neugierig und vor allem entspannt.

So als wollte er bestätigen, was Tierarzt Klaus Möhl bei der Anfahrt erzählt hat: «Untersuche und behandle ich die Tiere in ihrer vertrauten Umgebung, ist dies in der Regel für alle Beteiligten stressfreier.»

«Eine Untersuchung zuhause, ist für alle Beteiligten stressfreier.»

In der Tat erweist sich der weiss-rot getigerte Vierbeiner als Vorzeigepatient. Mühelos lässt er sich auf den improvisierten Behandlungstisch heben. Assistiert von seiner Praxispartnerin Christina Möhl untersucht der Veterinär das stattliche Tier.

Geduldig erträgt dieses die Handgriffe. Selbst das Schneiden der Krallen bringt Garfield nicht aus der Ruhe. Diese entspannte Atmosphäre ist mit ein Grund, weshalb Besitzerin Natalie Kotthaus Tierarzt Möhl bereits zum wiederholten Mal zu ihren beiden Katzen nach Hause kommen lässt, für die Jahreskontrollen und Impfungen - aber auch, wenn den beiden mal etwas fehlt.

Garfield zeigt mit seinen Besuchern viel Geduld und keinerlei Angst.

Garfield zeigt mit seinen Besuchern viel Geduld und keinerlei Angst.

Verschiedene Zielgruppen

«Ich wurde im Internet auf das Angebot aufmerksam», sagt die Katzenbesitzerin. Sie arbeitet für die Spitex und hat bereits einige Patienten auf die Möglichkeit der Hausbesuche aufmerksam gemacht. «Personen, die nicht mobil sind, sind dankbar, wenn Doktor Möhl ihre Katze oder ihren Hund zuhause behandelt», sagt sie.

Der Tierarzt bestätigt, dass speziell ältere oder gehbehinderte Menschen und Personen ohne Auto seine Dienstleistung gerne in Anspruch nehmen. «Aber auch Berufstätige schätzen es, wenn ich nach Feierabend oder am Wochenende zu ihnen nach hause komme.» Für Hausbesuche fällt eine Wegpauschale an. Auf jeden dieser Besuche bereiten sich Klaus und Christina Möhl bereits in der Praxis vor. Dazu gehört neben dem Lesen der Krankengeschichte auch das individuelle Bestücken des Behandlungskoffers.


Sogar Krallen-Schneiden bringt Garfield nicht aus der Ruhe.

Für jeden Besuch wird ein individueller Behandlungskoffer zusammengestellt.

Für jeden Besuch wird ein individueller Behandlungskoffer zusammengestellt.

Besuche immer gefragter

Seit zwei Jahren betreibt Möhl seine Tierarztpraxis in Bachenbülach. Rund 80 Prozent der Konsultationen finden dort statt. Seit er Hausbesuche anbietet, nimmt die Nachfrage nach dieser Dienstleistung kontinuierlich zu. Trotz des Mehraufwands für ihn, ist der Veterinär überzeugt von dieser Dienstleistung. «Abgesehen davon, dass der Stress für die Tiere und damit auch für die Halter und mich weniger gross ist, kann ich das Tier in seiner vertrauten Umgebung sehr gut beobachten.»

Das sei nicht nur bei der Diagnosestellung hilfreich, sondern ermögliche es ihm, den Besitzern den einen oder anderen Erziehungstipp mitzugeben. «Manchmal bedeutet das eben auch, jemanden ins Gewissen zu reden, der seinem Tier etwas viel Zuneigung über das Essen zukommen lässt.»

Da sich der Kater zuhause natürlich benimmt, lässt sich eine genauere Diagnose erstellen.

Da sich der Kater zuhause natürlich benimmt, lässt sich eine genauere Diagnose erstellen.

Homöopathie für Vierbeiner

«Ausserdem hilft es mir bei der Charakterisierung der Tiere, was wiederum für die homöopathische Behandlung zentral ist.» Möhl ist überzeugt davon, dass Homöopathie in der Tiermedizin einen festen Platz verdient hat. «Dort, wo die konventionelle Medizin an ihre Grenzen stösst, möchte ich eine Alternative anbieten können.»

Was zuerst zum Einsatz komme - Schulmedizin oder Homöopathie - darüber entscheide der Tierbesitzer stets mit, betont Möhl. Besonders Menschen, die selber gute Erfahrungen mit alternativen Heilmethoden gemacht hätten, würden diese auch für ihr Tier wünschen. Viele Halter nähmen heute Vierbeiner aus Auffangstationen bei sich auf.

«Dort, wo die konventionelle Medizin an ihre Grenzen stösst, möchte ich eine Alternative anbieten können.»

«Diese Hunde und Katzen sind aufgrund ihrer Vorgeschichte oft traumatisiert. Dann sind alternative Methoden besonders sinnvoll», weiss Möhl. Als Beispiel nennt er einen Schäferhund: «Das Tier war lange inkontinent - erst die Homöopathie konnte ihm helfen.»

Neben der Behandlung mit Globuli und Bachblüten bietet Möhl auch Bioresonanztherapie an: «Als schulmedizinisch ausgebildeter Veterinär kann ich jedoch gut abschätzen, wo die Homöopathie an Grenzen stösst.


Homöopathie oder klassische Behandlung? Die Tierhalter können bei dieser Frage mitbestimmen.

Homöopathie oder klassische Behandlung? Die Tierhalter können bei dieser Frage mitbestimmen.

Komplexes in der Praxis

Grenzen gäbe es auch für die Hausbesuche. «Es lässt sich vieles, aber eben doch nicht alles machen», betont Möhl. Während Grundkonsultationen, Impfungen, Jahreskontrollen und auch kleine Wundversorgungen problemlos seien, gehörten beispielsweise alle Eingriffe, die nach einer längeren Narkose verlangen in seine dafür eingerichtete Praxis. Dazu zählen beispielsweise Tumoroperationen oder Kastrationen.

Diese Weichteilchirurgie ist neben der Zahnmedizin ein Schwerpunkt in Möhls Praxis. Diese hat er sich am grünen Hang von Bachenbülach eingerichtet: «In dieser ruhigen Umgebung, nehme ich mir gerne Zeit für die Behandlungen.»

«Die meisten Kollegen scheuen den Zeitaufwand von Hausbesuchen, weil dieser das Einkommen schmälert.»

Noch sei es eine verschwindende Minderheit der Tierärzte, die Hausbesuche anbieten, sagt Möhl. «Die meisten Kollegen scheuen den Zeitaufwand. Dieser schmälert das Einkommen.» Etwas verbreiteter sind Hausbesuche bei Euthanasie, also wenn ein Tier eingeschläfert werden muss. Auch Möhls Klienten äussern oft den Wunsch, in vertrauter Umgebung von ihrem Liebling Abschied nehmen zu dürfen.

Diesen letzten Hausbesuch machen Klaus und Christina Möhl wenn immer möglich zu zweit: «So können wir viele Emotionen auffangen», sagt der Tierarzt. Die Besitzer, aber auch die Tiere seien zudem viel gefasster.

Natalie Kotthau schätzt die mobilen Tierärzte und liess sie schon oft zu sich nach Hause kommen.

Natalie Kotthau schätzt die mobilen Tierärzte und liess sie schon oft zu sich nach Hause kommen.

Auf Umwegen ans Ziel

Bis er sich seinen Kindheitswunsch, Tierarzt zu werden, erfüllen könnte, musste Möhl einige Hürden überwinden. Er verbrachte seine Kindheit in Südamerika. Der Studiengang Veterinärmedizin war schlecht organisiert. Möhl entschied sich deshalb für ein Studium der Landwirtschaft, Fachrichtung Viehzucht.

Sein Weg führte anschliessend über Stuttgart nach Zürich an die ETH und ans Tierspital. «Dort bin ich immer wieder an Grenzen gestossen, weil ich nicht Veterinärmedizin studiert hatte. So habe ich dieses Studium auch noch absolviert», sagt der 54-Jährige.

«Am Tierspital bin ich immer wieder an Grenzen gestossen, weil ich nicht Veterinärmedizin studiert hatte»

Christina Möhl hat ihn auf diesem Weg gefördert und unterstützt. Sie ist heute als Praxispartnerin und Mitgründerin der Praxis in der Assistenz tätig und auch für die Finanzen zuständig. «Tiere sind meine Passion», sagt sie.

Garfield geniesst auf ihrem Arm eine extra Streicheleinheit, bevor er den Besuch auf sanften Pfoten zur Türe geleitet.

© Tamedia