Mandarin reicht zum Überleben
Vor über 20 Jahren ist Li Sieber in die Schweiz gekommen, um ein Tourismus-Studium zu absolvieren. Wenig später hat sie hier über gemeinsame Freunde ihren Mann David kennengelernt. Er hat zwar keine Wurzeln in China, doch die asiatische Kultur hat ihn schon als Kind fasziniert. «Ich habe früher Karate und Kung Fu gemacht», berichtet er. Doch die Sprache könne er noch immer nicht, er spreche nur «Überlebenschinesisch». Sohn Victor versteht zwar sehr viel, doch auch für ihn ist das Sprechen ziemlich schwierig. «Meine Mutter spricht mit mir chinesisch, ich antworte dann auf Deutsch», schildert er die Sprachsituation. Umgekehrt war die deutsche Sprache für Li Sieber, die zwei Praxen mit traditioneller chinesischer Medizin (TCM) in der Region führt, ebenfalls eine grosse Herausforderung. Miteinander sprechen die drei meist Hochdeutsch.
Zusammen kochen ist Teil vom Fest
In der Küche macht sich Li Sieber ans «Kung Pao», ein Gericht aus Huhn, Erdnüssen und Gemüse. Der Dumpling-Koch, der hauptberuflich TCM-Spezialist in ihren Praxen ist, wirft die Teigtaschen ins kochende Wasser. Einige davon brät er später noch an. Das gemeinsame Kochen gehöre dazu, es sei ein Teil der Feier: «Das macht doch Spass», sagt Li Sieber begeistert.
Ebenfalls wichtig am Chinesischen Neujahr ist die Farbe Rot, denn Rot bringt Glück. Sie ist in der Wanddekoration zu finden, einige der Gäste haben sich in der Glücksfarbe eingekleidet. Rot sind auch die mit Geld gefüllten Couverts, genannt «Hong Bao», die Kinder, manchmal aber auch Studierende und Unverheiratete an Neujahr erhalten. So am vergangenen Sonntag auch die beiden jüngsten Anwesenden, die beide noch zur Schule gehen.
«Als ich noch ein Kind war, waren da vielleicht 10 Yuan drin. Mittlerweile kann man zwei Nullen anhängen», erinnert sich Li Sieber. Umgerechnet sind das etwa 1,50 Franken beziehungsweise 150 Franken. «Neujahr war für mich die glücklichste Zeit. Es erhielt das ‹Hong Bao› und neue Kleidung», fügt sie hinzu.
Schweinefüsse auf dem Tisch
Nach und nach wird das Buffet aufgebaut. Auf den Tisch kommen Rindfleisch, Ente, Dumplings, Gurkensalat mit Knoblauch, Tofu, Schweinefüsse und Poulet «Kung Pao». Statt sich eine Portion auf einen Teller zu schöpfen, nimmt man mit den Stäbchen direkt von den Platten. Um nicht zu tropfen, werden kleine Schalen unters Essen gehalten. Als Würze dient nicht etwa Sojasauce, sondern Essig. Und wer denkt, zu chinesischem Essen gibt es immer Reis, der hat sich getäuscht.