Viel Handarbeit für den goldenen Saft

Die Mostpresse auf dem Hof von Heinrich Marthaler in Dänikon läuft schon seit Wochen. Der heisse Sommer und die damit verbundene gute Ernte verspricht noch viel Arbeit bis Anfang November.

Für Heinrich Marthaler hat eine arbeitsintensive Zeit begonnen. Einmal pro Woche wirft er seine Saftpresse an und produziert Literweise Süssmost. Dieses Jahr hat die Most-Saison sogar noch früher angefangen als sonst. Schon am 10. August verarbeitete der Däniker die ersten Gravensteiner. Normalerweise ist dies erst Ende August oder Anfang September der Fall. «Der heisse und trockene Sommer hat die Äpfel sehr süss gemacht und gleichzeitig dafür gesorgt, dass sie früher von den Bäumen fallen», erklärt er.

Gemeinsam mit Tochter Sandra kippt er eine Holzkiste voll mit Äpfeln in die grosse Maschine. Dort werden die Früchte gewaschen und danach «wie an einer überdimensionierten Bircherraffel» gerieben. Danach laufen sie durch die Siebbandpresse. Der ganze Prozess dauert nur ein paar Minuten. Weil Sandra Marthaler zurzeit Ferien hat, hilft sie an diesem Morgen beim Mosten mit. Sie schätzt die Arbeit auf dem elterlichen Hof, zumal sie in ihrem Job in einer Textilreinigung normalerweise drinnen arbeitet. «Ich mache das sehr gerne, bin hier aufgewachsen und kenne diese Arbeiten von klein an», sagt sie und füllt bereits die erste Ladung des goldenen Safts ab.

Alte Sorten geben Geschmack

Noch sind die Mengen, die Heinrich Marthaler an einem Tag zu Most verarbeitet, überschaubar. Von Woche zu Woche werden es nun aber mehr. Auf seinen 60 Hochstammbäumen wachsen ganz verschiedene Äpfel. Unter anderem auch alte Sorten wie Sauergrauech, Usterapfel, Berner Rose oder Bohnapfel. Die einen sind früher reif, andere später, manche geben viel Saft, andere weniger. Je nachdem welche Sorte im Saft überwiegt, variert auch der Geschmack. Kaufen kann man Marthalers Most direkt ab Hof – oder man probiert ihn im Däniker Restaurant Frohsinn. «Allgemein wird mein Most sehr geschätzt», weiss er.

Das Mosten in Bildern

Wenn Heinrich Marthaler von der Qualität seines Mosts spricht, dann weiss er wovon er redet. Als Mitglied der Zürcher Süssmoster-Vereinigung war er jahrelang Jurymitglied beim Schweizer Süssmost Qualitätswettbewerb und hat unzählige Säfte auf Geruch, Geschmack und Aussehen getestet. Mehrmals hat er auch schon selber eine Auszeichnung erhalten, zum Beispiel 2012 als er die Silbermedaille für seinen geklärten Most in Empfang nehmen durfte. Zwar ist er heute selber nicht mehr Jurymitglied, seinen Saft schickt er aber trotzdem noch jedes Jahr ein. «Das Gewinnen ist nicht alles, mir geht es dabei mehr um den Plausch.»

Auf dem Däniker Hof werden nicht nur die eigenen Äpfel vermostet. Privatpersonen können Äpfel und Birnen bringen und in gepresster Form wieder abholen. Im Gegensatz zu grösseren Betrieben achtet Marthaler darauf , dass jeder den Saft seiner eigenen Früchte bekommt. Auch an diesem Morgen verarbeitet er mehrere Kundenbestellungen. «Je nach Wunsch kläre ich den Saft oder lasse ihn trüb.» Auch spezielle Wünsche, wie zum Beispiel das Abfüllen in besondere Gefässe werden erfüllt. «Was immer möglich ist, versuche ich umzusetzen.»

Handwerk vom Vater gelernt

Nachdem die Äpfel gepresst sind, folgt die Pasteurisation. Mit einem sogenannten Pasteur erhitzt der Fachmann den frisch gepressten Saft. Für 20 Minuten muss die Temperatur nun auf mindestens 68 Grad gehalten werden. Während der Vater im heissen Saft rührt, verschliesst die Tochter bereits den ersten gefüllten Beutel und versorgt ihn im dafür vorgesehenen Karton. Die beiden arbeiten Hand in Hand. Oft hilft auch Marthalers Frau mit und auch sein 91-jähriger Vater, von dem er das Handwerk des Mostens von klein an gelernt hat, legt noch tatkräftig Hand an.

Marthaler rechnet mit einem guten Mostjahr. Waren es 2017 aufgrund des Frosts nur 5000 Liter, hat er in anderen Jahren auch schon 25 000 Liter «vermostet». Eine Schätzung für dieses Jahr abzugeben sei aber schwierig. «Doch es sieht sicher gut aus.»

Mosten gibt Hornhaut

Heinrich Marthaler arbeitet zu 80 Prozent als Werkführer bei der Gemeinde Dänikon und betrachtet das Mosten als ein Hobby. Neben der Süssmost-Hestellung gibt es aber auch noch andere Beschäftigung, denen er gerne nachgeht, wie etwa das Fagott-Spielen. Dieses leidet in der Most-Saison aber etwas. «Durch die viele Handarbeit wie zum Beispiel das Anfassen der heissen pasteurisierten Beutel bekomme ich viel mehr Hornhaut an den Fingern. Das ist eher unpraktisch für das Fagott-Spielen», sagt er mit einem Schmunzeln.

Text: Martina Cantieni, Fotos: Balz Murer, Realisation: Michael Caplazi

«Der heisse und trockene Sommer hat die Äpfel sehr süss gemacht und dafür gesorgt, dass sie früher von den Bäumen fallen.»
Heinrich Marthaler

Süssmost aus Dänikon (Video: Martina Cantieni / mcp)

© Tamedia